„Das Tempelhofer Feld hat eine tragende Bedeutung für die Stadt.“
Die erste Werkstatt des Dialogprozesses zum Tempelhofer Feld am 07. und 08. September 2024 stand ganz im Zeichen der Information. Zahlreiche Vorträge und unterschiedliche Perspektiven prägten den konstruktiven Austausch zwischen den Teilnehmenden des Dialogprozesses, Nutzenden des Feldes, der Berliner Verwaltungen und Inputgebenden.
Mit verschiedenen Vorträgen über die Geschichte und Bedeutung des Areals sowie zum Dialogprozess und integriertem Ideenwettbewerb wurden die anwesenden Teilnehmenden in der Abflughalle des ehemaligen Flughafens Tempelhof auf ihre wichtige Aufgabe vorbereitet: in fünf Themenbereichen Vorschläge für die künftige Nutzung des Tempelhofer Feldes zu erarbeiten.
Diese Vorschläge bilden die grundlegende Basis für den Ideenwettbewerb, der im Anschluss an die 2. Dialogwerkstatt (21./22.9.2024) beginnen wird. „Seien Sie offen für alle Perspektiven“, appellierte Beate Profé, zuständige Abteilungsleiterin in der Senatsverwaltung Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, an die Teilnehmenden.
Im Ideenwettbewerb können internationale Stadt- und Landschaftsplanungsbüros sowie Architekturbüros ihre Ideen zur möglichen Gestaltung des Tempelhofer Feldes einreichen. „Der Wettbewerb dient dazu, Ideen eine Form zu geben, Bilder zu entwickeln, wie dieses Feld in Zukunft aussehen könnte“, fügte Profé hinzu.
In einem offenen Dialog sollen die Teilnehmenden die Grundlage für die Zukunft dieses für Berlin so bedeutsamen Ortes schaffen. „Das Tempelhofer Feld hat aufgrund seiner Lage und Größe eine zentrale Bedeutung für die gesamte Stadt, nicht nur für die Menschen, die in seiner unmittelbaren Umgebung leben“, erklärte Profé. Sie räumte ein, dass die Diskussionen um das Feld oft polarisieren, insbesondere in Bezug auf eine mögliche Randbebauung. Umso wichtiger sei es, die Zukunft des Feldes in einem demokratischen und offenen Prozess zu gestalten.
Zuvor hatte Dr. Sebastian Heber, Abteilungsleiter Bodendenkmalpflege des Landesdenkmalamts, einen Abriss der wechselvollen Geschichte des Areals gegeben. Zunächst als Exerzierplatz für militärische Zwecke genutzt, entstand schon in den 1920er Jahren ein Flughafen, den die Nationalsozialisten in den 1930er Jahren abrissen und neu bauten, ihn aber nie in Betrieb nahmen. Stattdessen ließen sie hier während des Krieges von Zwangsarbeitern Kampfflugzeuge bauen. Nach Ende des Krieges wurde der Flughafen Tempelhof durch die Luftbrücke zum Symbol für die Freiheit. Heute nutzen jährlich hunderttausende Besucherinnen und Besucher die Freizeitmöglichkeiten auf dem 300 Hektar großen Areal.
Große Themenvielfalt: Stadtenwicklung, Umweltaspekte, Freizeitangebote
In den vergangenen zwei Jahrzehnten sei Berlin gewachsen wie keine andere Stadt in Deutschland – seit 2008 um eine halbe Million Menschen, so die Stadtplanerin Dr. Cordelia Polinna in ihrem Vortrag. Der Wohnungsmarkt konnte mit dem Zuwachs nicht mithalten. „Immerfort werden und niemals sein“, sei das Schicksal Berlins, so Dr. Polinna, und darauf müsse man sich einstellen.
Prof. Dr. habil. Fritz Reusswig, Forschungsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, wies in seinem Vortrag auf die klimatischen Möglichkeiten des Tempelhofer Feldes hin. „Wenn wir über Klima, auch über Biodiversität, also über die Funktion des Grüns sprechen, tun wir besser daran, wenn wir nicht über die Fläche, sondern auch über das Volumen des Stadtgrüns sprechen. Also Kubikmeter pro Quadratmeter. Denn eine Wiese hat eine andere Funktionalität als ein Wald.“ Er appellierte an sein Publikum, bei der Entwicklung der Zukunft des Feldes auch Umweltaspekte in den Fokus zu nehmen.
Nach den Inputs hatten die Teilnehmenden am Nachmittag die Gelegenheit zu einem kurzen Rundgang durch das Flughafengebäude mit Blick auf das Feld. Für viele bot dies die Chance, sich der Bedeutung und Verantwortung ihrer Aufgabe im historischen Kontext bewusst zu werden.
Auch Kinder und Jugendliche bekamen ihr Forum. Sechs Schülerinnen und Schüler präsentierten die Ergebnisse der insgesamt elf Workshops, die im Rahmen der Kinder- und Jugendbeteiligung des Dialogprozesses im Juli stattgefunden hatten. Sie machten deutlich, wie sehr das Tempelhofer Feld eine Oase für Menschen jeden Alters ist und regten unter anderem an, Schatten spendende Bäumen anzupflanzen. Auch berichteten sie, dass viele Kinder und Jugendliche Bedarfe nach mehr Freiräumen und Möglichkeiten für Freizeit- und Sportaktivitäten geäußert hatten. Dabei spielen Vielfalt und Niedrigschwelligkeit von Sportangeboten, Aufenthaltsqualität und Wohlbefinden eine wichtige Rolle.
Es kamen am ersten Dialogwochenende auch zwei Vertreterinnen der „Initiative 100% Tempelhofer Feld“ zu Wort. Die Initiative hatte 2014 das Volksbegehren initiiert, aus dem das Tempelhofer Feld-Gesetz hervorging. Im Anschluss stellten weitere lokale Initiativen wie das Luftschloss, die Feldkoordination, der NABU, der Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor oder Haus 104 in Kurzvorträgen ihre Projekte vor.
Angehörige der Senatsverwaltungen und weitere Akteure wie Vertreterinnen und Vertreter der Bezirke Tempelhof-Schöneberg und Neukölln sowie landeseigener Unternehmen bezogen Stellung zu ihrer Zuständigkeit und Aufgaben für das Tempelhofer Feld. In der anschließenden Diskussionsrunde konnten die Teilnehmenden ihre Fragen und Positionen äußern. Dabei stand das Thema einer potenziellen Randbebauung im Vordergrund. Insgesamt verliefen die Gespräche trotz vieler verschiedener Meinungen in entspannter und respektvoller Atmosphäre.
Am zweiten Tag des Dialogwochenendes waren die Teilnehmenden an der Reihe. In fünf sogenannten „Speeddating“-Gruppen erhielten sie detaillierte Informationen zu den fünf Themenbereichen, in denen sie Ideen entwickeln sollen:
- Grünräume, Klima und Natur
- Wohnen und Quartier
- Gemeinwohl und gesamtstädtische Bedarfe
- Möglichkeiten und Freiräume
- Nachbarschaften und Vernetzung
In Kleingruppen erarbeiteten die Teilnehmenden eine Liste mit Schwerpunkten, die sie in den fünf Themenbereichen setzen möchten. Diese werden als Anregungen und Hinweise in das zweite Dialogwochenende einfließen, an dem konkrete Empfehlungen erarbeitet werden. Am 21. und 22. September werden auch die zehn Teilnehmenden gewählt, die als Sachpreisrichtende bzw. als deren Stellvertretungen in einer Jury gemeinsam mit Fachpreisrichtenden im kommenden Jahr die eingereichten Arbeiten des Ideenwettbewerbs mitbewerten.