„Einen Dienst an dieser Stadt und der Demokratie geleistet“

Den Rand entwickeln, die Innenfläche schützen – so lassen sich die wichtigsten Handlungsempfehlungen der Teilnehmenden der Dialogprozesse zum Tempelhofer Feld an die Senatsverwaltung zusammenfassen. Die 2. Dialogwerkstatt war geprägt von intensiven, offenen und fairen Diskussionen.

An beiden Dialogwerkstätten (7./8.9. und 21./22.9.) tauschten sich die Teilnehmenden in fünf Themengruppen zu den wesentlichen Aspekten aus. Darauf aufbauend entwickelten sie zunächst Handlungsempfehlungen und im zweiten Schritt Entwicklungsperspektiven für das Tempelhofer Feld. Insgesamt sprachen sich die Teilnehmenden in allen Gruppen dafür aus, bestehende Projekte zu fördern, Freizeitangebote – besonders für Kinder – auszubauen und mehr Grünflächen mit Bäumen und Wasser zu schaffen. Eine Randbebauung, falls unumgänglich, müsse sozial und ökologisch vertretbar sein. Alle Vorschläge fließen in den anstehenden Ideenwettbewerb ein.

Michael Künzel, Referatsleiter für Flächennutzungsplanung in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, betonte: „Die Diskussionen zeigten eine starke Wertschätzung für das Tempelhofer Feld in seiner heutigen Form. Aspekte des Klimaschutzes und des Wohnraumbedarfs wurden leider nur am Rande thematisiert.“

Viele Teilnehmende des Dialogprozesses hatten zum Auftakt der 2. Veranstaltung noch Informationsbedarf zum bestehenden Tempelhofer-Feld-Gesetz (ThF-Gesetz) von 2014, das die Nutzung des Feldes regelt. Magnus Krusenotto vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) informierte die Teilnehmenden über die geltenden Regelungen. Das Gesetz verbietet jegliche Baumaßnahmen auf dem Areal. Darüber hinaus definiert es vier wesentliche Schutzgegenstände: Die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, die Eigenart und Schönheit seiner Landschaft, den Nutzen für die Erholung und seine kulturhistorische Bedeutung. Auch über den Denkmalschutz der Gebäude und die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur informierte er die Teilnehmenden.

Naturschutz und Klimaschutz als zentrale Anliegen

Neben der Bebauungsfrage legten die Teilnehmenden großen Wert auf den Erhalt und Ausbau der ökologischen Funktionen des Feldes. Die Mitglieder des Themenbereichs „Grünräume, Klima und Natur“ betonten die Bedeutung des Tempelhofer Feldes für den Naturschutz, den Klimaschutz und die Klimaanpassung. Mehr Bäume, Wasserflächen und Feuchtgebiete wurden als Lösungen vorgeschlagen. Darüber hinaus sollten die Freizeitangebote, insbesondere für Kinder und Sport, ausgeweitet werden. Bestehende Projekte auf dem Feld sollen erhalten und gefördert werden.

Die Mitglieder des Themenbereichs „Wohnen und Quartier“ sprachen sich für den Erhalt des Tempelhofer Feldes in seiner jetzigen Form aus. Falls doch gebaut werde, solle dies ausschließlich mit landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften geschehen. Ein Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr sowie der Erhalt von Kaltluftschneisen seien ebenso wichtig. Außerdem müsse die Mobilität auf dem Feld verbessert und die Zugänge optimiert werden.

Das Flughafengebäude als Ort für Bildung und Kultur

Mehr kulturelle Teilhabe möchte der Themenbereich „Möglichkeiten und Freiräume“, ebenso wie die Förderung des 300 Hektar großen Areals als Bewegungs- und Begegnungsstätte. Bessere und mehr Zugänge zum Tempelhofer Feld wünschte sich auch die Gruppe „Nachbarschaft und Vernetzung“, die sich klarere Ausweisung von Flächen und Verkehrswegen wünscht.

Das Flughafengebäude selbst rückte ebenfalls in den Fokus der Gespräche. Der Themenbereich „Gemeinwohl und gesamtstädtische Bedarfe“ schlug vor, zumindest Teile des denkmalgeschützten Gebäudes für Bildung, Kultur und Krisenfälle zu nutzen. Schulplätze, Kitas und Räume für Senioren könnten hier untergebracht werden, ohne dass die repräsentativen Hallen des Flughafens genutzt werden müssten, so die Meinung der Teilnehmenden.

Positive Resonanz auf den Dialogprozess

Viele Teilnehmende lobten den offenen Dialogprozess. „Ich habe den Austausch als sehr bereichernd empfunden. Es war spannend, Menschen zu treffen, die ich sonst nicht kennengelernt hätte, und über Themen zu sprechen, die uns als Stadtgemeinschaft betreffen. Meinungen auszuhalten, die nicht die eigenen sind – das ist in einer Gesellschaft unheimlich wichtig“, sagte Kleopatra Tümmler, Vertreterin des Themenbereichs „Gemeinwohl und gesamtstädtische Bedarfe“. Sie ist eine der fünf Teilnehmenden des Dialogprozesses, die zusammen mit fünf Stellvertretenden, als Sachpreisrichtende gewählt wurden. Gemeinsam mit den Expertinnen und Experten der Fachpreisrichtenden werden sie die eingereichten Arbeiten des internationalen Ideenwettbewerbs beurteilen.

Auch Jonathan Riedmüller, 31 Jahre alt und aus Pankow, war vom Dialogprozess angetan. „Ich finde es toll, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesen wichtigen Fragen einbezogen werden und ihre Meinungen einbringen können. Dadurch sind viele vorher festgefahrene Positionen aufgeweicht worden.“

Clara Werstat, ebenfalls Mitglied der Sachpreisrichtenden, betonte die Bedeutung des Dialogs: „Es ist großartig, wie viele Menschen hier in den Austausch gegangen sind. Gerade in einer Stadt wie Berlin, wo so viele unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen, ist es wichtig, dass wir lernen, uns zuzuhören und aufeinander einzugehen.“

Dank und Ausblick auf den Ideenwettbewerb

Am Ende der zweiten Dialogwerkstatt bedankte sich Bausenator Christian Gaebler bei allen Teilnehmenden: "In Zeiten wie diesen ist es dringend erforderlich, dass wir einen respektvollen demokratischen Diskurs miteinander pflegen. In den Dialogwerkstätten haben Sie dies beispielhaft unter Beweis gestellt, und damit einen Dienst an dieser Stadt und der Demokratie geleistet! Dafür gebührt Ihnen Dank."

Die Ergebnisse der Dialogwerkstatt werden nun für den Ideenwettbewerb aufbereitet, der im November startet und bis Juni 2025 andauert. In der ersten Phase können interessierte Planerinnen Planer ihre Entwürfe einreichen, die dann in einer ersten Sitzung des Preisgerichts begutachtet werden.

Die besten Entwürfe kommen in die zweite Phase, deren Ergebnisse im Juli 2025 in der 3. Dialogwerkstatt präsentiert werden. Dieser partizipative Prozess bietet die Möglichkeit, die Zukunft des Tempelhofer Feldes gemeinsam zu gestalten und sicherzustellen, dass sowohl ökologische als auch soziale Aspekte in den Planungen berücksichtigt werden. Die Vielfalt der Ideen und Meinungen zeigt, wie wichtig dieser einzigartige Ort für die Berlinerinnen und Berliner ist – als Naturraum, Erholungsort und Symbol für den offenen Dialog in der Stadt.

Detaillierte Informationen und Dokumente finden Sie in der Feldbibliothek zum Download.

Beitrag vom 30.09.2024Dieses Werk ist lizenziert unter CC BY-ND 4.0

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